November 29, 2017

Interview mit einem Blogger

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Seit 2009 befinden wir uns in einem Bullenmarkt mit ständig steigenden Kursen. Seitdem gab es auch keine größeren Korrekturen, wo die Kurse in einem Jahr mal mehr als 20 % abgesackt sind. In der Zeit des Bullenmarktes von 2009 bis jetzt sind allerdings viele Neuinvestoren in den Aktienmarkt eingestiegen, die auch noch nie einen richtigen Crash wie 2000/2001 oder 2008/2009 erlebt haben. Ich selbst bin ja auch erst seit knapp 1,5 Jahren an der Börse aktiv und habe daher bisher nur steigende Kurse erlebt. In solchen Zeiten ist es natürlich leicht seine Investments zu halten und immer weiter zu investieren.

Bisher konnte ich bereits Alex von Reich mit Plan für ein Crashinterview gewinnen. Mit Alexander von Rente mit Dividende habe ich einen weiteren sehr erfahrenen Investoren heute im Interview. Ich denke das Interview ist wirklich sehr spannend geworden.

Stell Dich doch bitte meinen Lesern kurz vor:

Alexander:

Hallo, mein Name ist Alexander. Ich bin 51 Jahre alt und von Beruf Bauingenieur. Seit drei Jahren betreibe ich den Blog www.Rente-mit-Dividende.de in dem ich mein US-Depot, dessen Entwicklung und allgemeine Gedanken zum Börsengeschehen veröffentliche.

Seit wann bist Du an der Börse aktiv? Was waren die ersten Erfahrungen mit der Börse und Deine ersten Aktien?

Alexander:

Meine ersten Erfahrungen sammelte ich 1984, also vor 33 Jahren, als ich mein erstes Depot eröffnete und zum Start Coca-Cola Aktien kaufte, die ich leider nach etwa einem Jahr wieder verkaufte. Während des Studiums wurde es dann erst mal ruhig um das Thema Börse. Wir hatten lediglich ein paar VIAG-Aktien, die meine Frau über ein Mitarbeiterprogramm erwerben konnte. Richtig aktiv bin ich erst wieder Mitte der 90er Jahre geworden, nachdem das Studium und  der Hausbau abgeschlossen waren.

Viele Neuinvestoren sind so jung, dass sie den Bankencrash und die Pleite von Lehman-Brothers gar nicht so aktiv mitbekommen haben. Wie kann ich mir als Junginvestor die Zeit des Aktiencrashs vorstellen (z.B. Nachrichten)?

Welche Auswirkungen waren zu sehen?

Alexander:

Wenn man noch keinen Crash mitgemacht hat, dann ist das evtl. schwierig zu verstehen. Die Nachrichten sind durchwegs schlecht und es herrscht überall nur noch Weltuntergangsstimmung. Das Depot färbt sich Blutrot und das eigene Denken wandert regelrecht in Richtung Panik. Es herrscht die blanke Angst vor, alles zu verlieren. Man denkt nicht mehr nach, sondern rettet, was zu retten ist und verkauft alles, ob es sinnvoll ist oder nicht.

Bist Du von der Krise überrascht worden und wie hast Du dann gehandelt?

Alexander:

Es dürfte wohl jeder von der Krise überrascht worden sein. Es mag Vereinzelte geben, die das Debakel haben kommen sehen, aber dies betrifft nicht den normalen Kleinanleger. Ich habe die Krise relativ gelassen überlebt, da ich bereits meine ersten Erfahrungen um die Jahrtausendwende mit dem Neuen Markt machen durfte. Da handelte ich ziel- und planlos, getrieben von Panik und Verlustängsten. Allerdings lernte ich in den Jahren darauf, dass gute Unternehmen nicht einfach vom Börsenparkett verschwinden und sich die Kurse erholten.

Als der furchtbare Anschlag 9/11 auf das World Trade Center erfolgte, habe ich die Gelegenheit genutzt und Firmen, die eigentlich nicht von dem Unglück betroffen waren, eingekauft und kurz darauf mit guten Gewinnen verkauft. Die Freude über die Gewinne war allerdings von dem Gefühl begleitet, ein „Kriegsgewinner“ zu sein. In der Folge tauchten immer wieder Gelegenheiten auf, die ich leider nicht wahrnahm, da wäre z. B. die BSE-Krise (Rinderwahn). Im Fernsehen waren Bilder von Bergen von toten Rindern zu sehen, die verbrannt wurden. Eine McDonald´s gab es da für 10 $ zu kaufen. Auf Grund meiner gemachten Erfahrungen war ich in der Lage, in der Krise Aktien zu kaufen. Diese liegen zum Teil noch heute im Familiendepot. Ich hatte die schwere der Krise, dass das Finanzsystem vor dem totalen Zusammenbruch stand, gar nicht so wahrgenommen.

In Zeiten von steigenden Aktienmärkten ist es ziemlich leicht eine Buy-and-Hold-Strategie zu verfolgen und ganz rational zu handeln. Welchen Einfluss hatten bei Dir die Emotionen in dieser Zeit? Konntest Du (noch) rational handeln?

Alexander:

Vor Emotionen ist in solch einer Situation wohl niemand gefeit. Allerdings konnte ich den Verstand über die Gefühle stellen. Rational handeln ist in normalen Zeiten schon sehr schwer, allerdings habe ich es geschafft, das die Vernunft und meine Erfahrungen mich vor unsinnigen Handlungen bewahrt haben.

Wenn Du nochmal in die Zeit von damals zurückreisen könntest, würdest Du dann anders handeln oder anders mit der Situation umgehen?

Alexander:

In der Krise der Lehmannpleite würde ich ziemlich ähnlich agieren. Hätte ich zu Zeiten des Neuen Marktes (mein erster richtiger Crash) über die heutige Erfahrung verfügt, dann würden wir das Interview nicht führen, denn ich hätte keinen Blog, sondern würde irgendwo faul in der Sonne liegen.

Welche Tipps kannst Du an die Investoren geben, die noch nie einen Crash erlebt haben?

Alexander:

Ich empfehle jeden, sich vorab mit der Situation auseinander zu setzen und sich einen Plan zurecht zu legen. Dies sollten klare Handlungsanweisungen sein und wenn nur auf dem Zettel steht „Nichts tun!“. Natürlich ist jeder Investor anders und hat seine eigene Strategie. Aber wenn man sich als Buy & Hold Anleger versteht, dann könnte man zum Beispiel aufschreiben, was die einzelnen Unternehmen machen. Wie stark sie in ihrem Geschäftsmodell von der Wirtschaft abhängig sind und warum man es gekauft. Wie alt das Unternehmen ist und wie man die Chancen einschätzt, dass es überleben wird und in den nächsten Jahren wieder Gewinne schreibt, falls es doch zu Verlusten kommen sollte. Vielleicht kommt man zu dem Schluss, dass man einzelne Unternehmen bald verkaufen möchte und andere behält und mit diesen gemeinsam untergehen möchte. Es kann durchaus sinnvoll sein, sich aufzuschreiben, welche Unternehmen man nachkaufen möchte. Diese Handlungsanweisung sollte so aufgebaut sein, als würde man sie einem guten Freund geben, der sich strikt daran halten soll. Liest man selber die Anweisungen immer wieder durch, „trainiert“ man sich selber und kommt hoffentlich halbwegs mit einem blauen Auge davon. Eines sollte man sich auch bewusst machen, wenn alle Topunternehmen Insolvenz anmelden müssen, dann haben wir andere Probleme als nur einen Depotauszug, der einem Übelkeit verursacht. Ich habe mir zum Beispiel fest vorgenommen, nicht zu sehr auf die Kurse zu achten, sondern das Unternehmen zu betrachten und welche Auswirkungen die Börsenkrise tatsächlich auf das Geschäftsmodell hat. Oft ist es so, dass die Kurse insgesamt fallen, obwohl die Situation kaum einen Einfluss auf das Geschäft des Einzelunternehmens hat.

Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für ein Interview genommen hast. Ich denke, dass alle jüngeren Investoren von Deinen Erfahrungen im Crash profitieren können und dann eventuell in einer Krise Aktien zu Sonderkonditionen einsammeln können.

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Über den Autor

Dominik Fecht

Ich bin Dominik und bilde Menschen im Thema Finanzen aus. Entweder durch diesen Blog, meinen YouTube-Kanal, meine beiden Bücher oder in meiner Live-Online-Ausbildung.

Ich helfe Menschen das Thema Finanzen durch einfache Erklärungen zu verstehen und ihr Geld in die eigenen Hände zu nehmen. Finanzbildung für ein selbstbestimmtes und glückliches Leben.

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  1. Ich habe noch nie Aktien und spare bisher nur auf der Bank. Ich sehe die permanent steigenden Kurse sehr skeptisch. Macht es überhaupt noch Sinn jetzt zu investieren in ETF oder Aktien?
    Ich tendiere eher auf einen großen Crash zu warten und dann zu investieren.

    1. Hallo Bastian,

      da stellst Du wirklich eine sehr gute Frage, die von Investoren schon seit Jahren intensiv diskutiert wird.
      Die einen würden sagen, dass es mittlerweile viel zu teuer ist und jetzt lieber Cash aufgebaut werden sollte und die anderen sagen, dass Markettiming nicht funktioniert und Geld (sobald es verfügbar ist) sofort investiert werden sollte.

      Ich finde es immer wieder kritisch auf die nächste Krise zu warten, weil das Jahre dauern kann. Es gibt schon seit 2013-2014 Investoren, die auf den Crash warten, während der Markt von einem Allzeithoch zum nächsten eilt. Auch die Finanzwissenschaft sagt die beste Zeit zum Investieren ist immer jetzt und Markettiming funktioniert nicht. Das bringt dir mental aber auch nicht viel, wenn dann in ein paar Monaten der gesamte Aktienmarkt zusammenbricht.

      Ich würde dir daher lieber ein Zwischending empfehlen und vielleicht schon mal mit einer kleinen Menge anfangen. Es ist einfach etwas ganz anderes einen Aktiencrash zu erleben, wenn man bereits etwas investiert hat, als wenn man nur von der Seitenlinie zuschaut. Das wichtigste ist, dass du dich mit der Entscheidung wohlfühlst. Sonst wird dein PLan zu investieren schnell über den Haufen geworfen.

      Schöne Grüße
      Dominik

    2. Lies erstmal viele Bücher und bekomme paar Jahre ein Gefühl dafür, was es heisst IM Markt zu sein. Ohne geht gar nix. Je mehr man liest um so besser, aber das wichtigste ist die Erfahrung.
      Interessant zu lesen, wie jemand in einem Crash effektiv einsteigt.

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